Revision des Aktienrechts – Kapitalherabsetzung (Art. 653j ff. nOR) und Kapitalband (Art. 653s ff. nOR)

Aktuell wird das Aktienkapital bei der Gründung fixiert und kann später über eine ordentliche, genehmigte oder bedingte Kapitalerhöhung sowie durch eine konstitutive oder eine deklarative Kapitalherabsetzung verändert werden. Im Juni 2020 verabschiedete das Parlament das neue Aktienrecht, welches voraussichtlich 2023 in Kraft treten wird. Dieser Beitrag widmet sich mit dem Kapitalband und der Kapitalherabsetzung zwei ausgewählten Themenkomplexen aus der Vielzahl der mit der Aktienrechtsrevision verbundenen Neuerungen.

Die Schaffung der Art. 653j ff. OR wahrt die Gläubigerschutzbestimmungen in ihrer Substanz, führt jedoch gleichzeitig zu einer Beschleunigung und Flexibilisierung des Verfahrens. So genügt nach neuem Aktienrecht anstelle der bisher erforderlichen drei neu ein einmaliger Schuldenruf. Zudem wird die Frist, innert welcher die Gläubiger eine Sicherstellung ihrer Forderungen verlangen können, von bisher zwei Monaten auf 30 Tage verkürzt.

Unbeachtet dieser Neuerungen bleiben gewisse, bereits heute geltende Schutzvorschriften auch weiterhin bestehen. Nach wie vor ist eine Prüfungsbestätigung durch einen zugelassenen Revisionsexperten erforderlich. Auch ein Zwischenabschluss muss noch immer erstellt werden, sofern der letzte Bilanzstichtag länger als sechs Monate zurückliegt.

Ferner sind sowohl die Durchführung des Schuldenrufs, als auch die erforderliche Prüfung durch den Revisionsexperten insoweit flexibler ausgestaltet, als diese bei klaren Verhältnissen neu bereits vor dem Beschluss durch die Generalversammlung möglich sind. Der zuständige Revisionsexperte muss diesfalls einfach an der GV anwesend sein. Zu beachten ist jedoch, dass sich die Prüfung durch den Revisionsexperten stets auf das Ergebnis des Schuldenrufs stützen muss, weshalb sie zwingend erst nach erfolgtem Schuldenruf stattfinden kann.

Endlich gilt für den Vollzug der ordentlichen Kapitalherabsetzung neu eine Frist von sechs Monaten seit dem Beschluss durch die Generalversammlung.

Abgesehen von den soeben illustrierten Flexibilisierungen bei der Kapitalherabsetzung ist das vom Gesetzgeber neu geschaffene Kapitalband ein zentraler Aspekt der Aktienrechtsrevision. Nach Art. 653s Abs. 1 revOR können die Statuten den Verwaltungsrat ermächtigen, das Aktienkapital innerhalb einer Bandbreite, dem sog. Kapitalband im Umfang von jeweils 50% des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals während maximal fünf Jahren zu erhöhen oder herabzusetzen. Das Kapitalband kombiniert die bisherige genehmigte Kapitalerhöhung mit der neuen Möglichkeit einer genehmigten Kapitalherabsetzung. Dies wird der Gesellschaft ermöglichen, die Kapitalstruktur flexibel zu handhaben und das Aktienkapital den aktuellen Gegebenheiten in kurzer Zeit anzupassen. Die Ermächtigung zur Kapitalerhöhung im Rahmen des Kapitalbands soll dem Verwaltungsrat nach Bedarf mehr Gestaltungsspielraum und Flexibilität bei der Eigenkapitalfinanzierung einräumen. Insbesondere für grössere Gesellschaften besteht das Interesse an der raschen Verfügbarkeit von neuem Eigenkapital. Bei der Projektfinanzierung schafft die zusätzliche Flexibilität bei der Eigenkapitalfinanzierung die Voraussetzung für eine optimale Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung. Bei Unternehmensübernahmen erleichtert ein flexibleres Kapitalerhöhungsverfahren die Bereitstellung von Aktien für ein Aktientauschangebot. Für den Fall der Überkapitalisierung soll das Kapitalband mehr Flexibilität für Kapitalherabsetzungen schaffen.

Haben Sie Fragen betreffend eine Gesellschaftsgründung oder Kapitalveränderung Ihrer Gesellschaft? Unser Team begleitet Sie gerne in sämtlichen gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten und unterstützt Sie, um Ihre Bedürfnisse und Interessen bestmöglich umzusetzen.

verfasst im März 2022 | Noelle Christ und Philipp Emmenegger

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